Tag 6

24.09.2015 13:37

Die Abfahrt war wieder früh morgens so um halb sechs. Ein kurzes Stück sind wir auf der Hauptstraße gefahren, dann wunderschön auf der alten Bahntrasse mit vielen Tunneldurchfahrten. In manchen Tunnel gibt es keine Beleuchtung und dort wird es dann so stockfinster, dass sich selbst mit guter Fahrradbeleuchtung ein unangenehmes Gefühl einstellt. Im Grunde geht es hier eigentlich immer leicht bergab und das hebt den Kilometerschnitt gleich einmal etwas an. In dem wunderschönen "Lavendelstädtchen" Venzone haben wir uns nach einem kurzen Stadtbummel einen herrlichen Espresso gegönnt.

Ein Tag der ganz besonderen Herausforderungen. Weil ich in der Früh, etwa eine Stunde nach unserer Abfahrt in Pontebba auf einem Hinweisschild sehen konnte, dass es nur mehr 48 Kilometer bis nach Udine sind, habe ich überschlagsmäßig zu
rechnen begonnen und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass wir eigentlich um die Mittagszeit dort sein müssten. Wenn, ja wenn da nicht dieser Alpe Adria Radweg wäre, auf dem wir unbedingt fahren wollten, um dem Schwerverkehr auf den Hauptstraßen zu entgehen. Dass der Radweg auf diesem Teilstück aber wirklich jeden auch nur denkbaren Umweg miteinbezieht, über Feldwege, im wahrsten Sinn des Wortes über Stock und Stein führt, und letztendlich um 35 Kilometer länger ist, das haben wir erst so nach und nach an diesem Tag erfahren. Die Pfade sind da manchmal so schlecht, dass ein Fahren nicht mehr möglich ist und wir unsere Fahrräder geschoben haben. Riesensteine, Spurrinnen, Felder. Dazu kommt noch, dass oft halt auch die Beschilderung völlig gefehlt hat, wir uns ein paar Mal verfahren haben und es denkbar schwierig war, wieder auf den Radweg zurück zu finden. Aber wo sollte man in dieser Pampa auch Hinweisschilder anbringen? Nachdem wir ja ganz bewusst auf jegliche elektronische Orientierungshilfen verzichtet haben und wir auch keinen Kilometerzähler mithatten, war das Finden des rechten Weges eher in der Hand Gottes und des von ihm gesandten Glücks. Dass es auf dem Radweg gar um 35 Kilometer mehr sind, das wussten wir auch nur durch die Begegnung mit einem anderen  Radfahrer, der uns das dank seines Satellitennavigationsgerätes exakt sagen konnte. Der freundliche Mann hat aber auch zugegeben, dass die Orientierung hier trotzdem schwierig ist: Er hatte sich auch mit dem Navi verfahren. Und so kamen wir klarerweise nicht schon um die Mittagszeit in Udine an, sondern erst am späten Nachmittag.

Doch schon während des ganzen abenteuerlichen Tages und unserer Irrfahrt über die italienischen Feldwege reifte ein Gedanke in uns heran: In Ermangelung notwendige Kenntnis geeigneter Straßen für unsere Weiterfahrt haben wir uns spontan dazu entschlossen, die Strecke von Udine bis Assisi mit dem Zug zurück zu legen.

Mit dieser Entscheidung ist irgendwie eine Last von uns gefallen und so sind wir zwar müde, aber frohen Mutes in die Stadt Udine geradelt, die uns mit einem wunderschönen Erlebnis empfing. Wir waren ja nicht nur müde, sondern auch
hungrig, und so achteten wir darauf, ein Geschäft zu finden, in welchem wir uns mit Verpflegung eindecken können. Und siehe da, es dauerte gar nicht lange, da tauchte auf der rechten Seite ein kleiner, aber absolut feiner Bioladen auf. Bioweckerl und ich glaube mehr als ein Kilo Cocktailparadeiser, die so gut geschmeckt haben dass wir gar nicht mehr aufhören wollten. Auch unser geliebtes Lauretana Wasser konnten wir kaufen und Organic Food Bar hatte ich ja sowieso mit. Somit war alles wieder im grünen Bereich: Dieses "Picknick" auf der kleinen Bank vor dem Bioladen in Udine, hat uns nicht nur einen Energieschub gegeben, es wird mit Sicherheit auch zu jenen schönen Erlebnissen unserer Reise zählen, die wir niemals vergessen werden.  

Dermaßen gestärkt setzten wir die Reise fort und haben nicht nur ohne Probleme den Bahnhof gefunden, sondern hatten obendrein auch noch das Glück, dass ein Zug in zehn Minuten nach Mestre geht, den wir noch erwischt haben.

So sind wir am Abend dieses Tages in Mestre angekommen, haben uns in der einbrechenden Dunkelheit auf Zimmersuche gemacht und wurden bald fündig: Nach 21:00 Uhr landeten wir im Hotel Aaron, dessen freundlicher Rezeptionist Nicola schon dreimal den Jakobsweg gepilgert ist und der uns, als Pilger nach Rom, das Hotelzimmer um 25,- Euro billiger gab. Das war der schöne Abschluss eines von abenteuerlichen Irrfahrten und Sommerhitze geprägten Tages. Tagsüber hatte es heute bei strahlendem Sonnenschein 37° Celsius und noch am Abend um 21:00 Uhr zeigte ein Thermometer in Mestre 33° Celsius an. Das sind genau die Temperaturen, die ich so sehr liebe.

Strecke:
Pontebba - Udine (Fahrrad)
Udine - Mestre (Zug)



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